In Ingeborgs Flucht nach Italien präsentiert Claudia Sofia Sörensen die einmaligen Tagebücher Ihrer Mutter. Sie umfassen die Zeit von Februar 1945 bis Juni 1949. Der Originaltext wurde nicht angerührt, der individuelle und sehr ausgefeilte Schreibstil von Ingeborg ist daher vollständig erhalten geblieben.
Ingeborgs Tochter, Claudia Sofia Sörensen, erläutert in diversen Vorbemerkungen, Anmerkungen und Fußnoten historische und biografische Hintergründe und hat mehrere, nach Schwerpunkten geordnete Nachschlageverzeichnisse beigefügt. Eine Italienkarte verdeutlicht den Fluchtweg und 59 Fotografien geben weitere Eindrücke jener Jahre wieder.
Kurzbeschreibung: Lebhafte, romanartige Tagebuchschilderung mit Biografischem, Historischem, Beschreibung von Land und Leuten.
Ingeborg schreibt unter anderem über: Bombenangriff auf Grafenwöhr - Flucht in Etappen zusammen mit dem sizilianischen Soldaten und Mussolini-Kurier Sebastiano Triscari bis nach Sizilien - ungewollte Schwangerschaft - Erneute, sehr abenteuerliche Flucht und Flüchtlingsdasein in Rom - Ausbeutung als Hausmädchen - Hilfen durch Diakonissen und päpstliches Hilfswerk - Begegnungen - eine neue Liebe - Landschaft und vieles andere.
Die Ergänzungen von Claudia Sofia zu den 6 Tagebücher ihrer Mutter gehen bis ins Jahr 1986: Sachdienliche Hintergrundinformationen - Auswahl an zweisprachiger Korrespondenz - spätere Tagebuchaufzeichnungen - Vortrag auf der Niederdeutschen Tagung in Bevensen - Kurzaufsätze - einige wenige Prosagedichte.
Ingeborg Charlotte Sörensen, Jahrgang 1923, lernte nach ihrer Fotografenlehre Italienisch in der Volkshochschule in Hamburg. Obwohl noch jung und unerfahren, bot sich ihr die Möglichkeit, als Dolmetscherin in der italienischen Botschaft in Berlin zu arbeiten. Das Kriegsende brachte auch in ihrem Leben eine entscheidende Wende.
In Begleitung von Botschaftsangehörigen ging es zunächst in die Oberpfalz. Sie überlebte das schreckliche Bombardement von Grafenwöhr nur knapp und gelangte an der Seite des Soldaten Sebastiano Triscari auf Umwegen bis nach Sizilien. Widerstrebend, doch glaubend, dass sie ohne einen starken Mann an ihrer Seite kaum eine Chance habe zu überleben, folgte sie ihm. Es konnte nicht ausbleiben: Sie wurde schwanger…. Rigide Vorstellungen der Sizilianer und das äußerst ärmliche bäuerliche Leben ertrug die folgsame aber eigenwillige junge Frau nicht lange und schließlich strandete sie nach einer abenteuerlichen Flucht im Nachkriegs-Rom. Erst im Jahr 1949 konnte sie in die Heimat zurückkehren und arbeitete wieder als Dolmetscherin und schließlich Sprachlehrerin. Sie verfasste eine Italienisch-Grammatik (Klett-Verlag), später diverse niederdeutsche Hörspiele und das erfolgreich aufgeführte Theaterstück “Naver un Fründ”. Die enge Verbindung zu Italien, mit Land, Sprache und Menschen blieb lebenslang prägend.
Ingeborg war eine ehrgeizige junge Frau, als sie in ihrem unvergleichlichen Schreibstil ihre Tagebücher verfasste, ein junger Mensch voller Hoffnung und Vorfreude auf ein gelingendes Leben. Doch wurden ihr durch den Krieg und ihre familiäre Vorgeschichte reichlich Steine in den Weg gelegt.
Ihre Art ist es aber nicht, zu jammern noch sich zu beklagen. Sie ist von gänzlich anderem Wesen als ihre Tochter, die in langen Monologen ihr Leid beklagt. Selbst unter größten äußeren Schwierigkeiten bewahrt Ingeborg Haltung und ist dabei sogar fähig, sich von der wunderschönen italienischen Landschaft, den Kunstwerken und der Architektur verzaubern zu lassen und sie zu beschreiben.
Ingeborg vergisst in solchen Augenblicken fast völlig ihre prekäre Situation und zieht unweigerlich auch Leserin und Leser mit hinein in das Land, wo nicht nur Kanonen geblüht haben, irrsinniges Gemetzel beim Einmarsch der Alliierten stattfand und die Deutschen unter der italienischen Bevölkerung schwer gewütet haben sondern wo auch die Zitronen blühn und im dunklen Laub die Goldorangen glühn. Dorthin möchte sie ziehn, die Mignon jener Jahre. Von dorther bringt unsre Ingeborg im Juni 1949 die Sonne mit nach Hamburg, und ihr Herz schlägt fortan für ihre Heimat Norddeutschland und speziell Hamburg gleichermaßen wie für ihr geliebtes Italien mit all seiner Schönheit, in das es sie immer wieder zieht.
Seit ihrem 80. Lebensjahr hat Ingeborg ein Hüftleiden und leidet zudem an fortschreitender seniler Demenz. Sie wird von ihrer Tochter liebevoll gepflegt und ist auch heute noch viel unterwegs: In Deutschland, Italien und Spanien. Denn wer rastet rostet! Und so haben wir trotz mancher Einschränkungen auch heute noch ein fröhliches Leben.
516 Seiten, 59 Fotos und Italienkarte mit Fluchtroute
ISBN 978-3-8423-6314-4 – Paperback 45,– €
E-Book 36,99 €
Cover-Illustration: Gudrun Schlemmer, Seefeld-Meiling, www.schlemmerarte.de
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